Ein Mann spielt den Blues
Ein Mann spielt den Blues
Dieser Abend war heiß, heiß und schwül. Gewitterwolken drohten über der Stadt, ein leichter Wind brachte keinerlei Abkühlung.
Die Innauen dampften, auf dem großen Fluss zog ein Schaufelraddampfer vorbei, entlang der Baumwollplantagen…So oder so ähnlich fühlte man sich letzten Mittwoch im Zentrum Rosenheims, das einer Stadt im Mississippi-Delta glich, wegen der drückenden Temperaturen. Musikalisch dazu passend gab es die entsprechenden Klänge im «Le Pirate», denn hier spielte ein Mann den Blues, und zwar überwiegend den originalen Delta-Blues, aus dem sich dann später der Großstadtblues Chicagos entwickeln sollte.
Besonders reizvoll an dem Konzertabend, zu dem sich leider nur einige hartnäckige Bluesfreunde eingefunden hatten, war das variable Bottleneck-Gitarrespiel, bei dem der Zeigefinger in einem abgebrochenen Flaschenhals das Griffbrett auf und ab gleitet und was auch als «Slide-Guitar» bezeichnet wird. Dies beherrschte Gavin meisterlich, wich ständig vom festgefügten Bluesschema ab und demonstrierte verschiedene Spielarten und Möglichkeiten des Instruments, von einer im Lauf des Abends immer eindringlicheren Stimme und manchmal mit der Bluesharp begleitet.
Die Texte entsprachen dem typischen Blues-Leiden, so in «Hard Times», in dem es um Wohnungssuche in Hamburg geht, oder im «Tuff Luck Blues», in dem es heißt: «Too bad … things goin' so tough for me». Die alten Blueser der 20er- und 30er-Jahre standen im Mittelpunkt, etwa Sonny Boy Williamson und Robert Johnson, auch der frühe Muddy Waters. Neben dem Leiden ist das Reisen ein bevorzugtes Thema, sodass Gavin die Zeiten der Hobos, die auf Güterzüge aufsprangen, und der Wanderarbeiter aufleben ließ: «I watch this train goin' down the track» - die Mundharmonika hatte auch ihren Anteil an der Stimmung.
Durch die Stones war «Little Red Rooster» bekannt geworden - ob freilich Keith Richards zeitgleich in München sein Griffbrett auch so flink bearbeitete? Wohl von sich selbst sang Gavin dann in «Just an old rocker living his song» und bedankte sich für den herzlichen Applaus mit einer Zugabe.
Von Andreas Friedrich