Ein einsamer Wolf auf
dem Weg des Wahnsinns
VON RAFAEL SALA
Seefeld
– Er ist gebürtigerLondoner und wuchs in der
Folk-Song-Szene rund um
das Künstlerviertel Soho auf.
Sein Brotjob als Physiker
hielt ihn ein paar Jahre lang
über Wasser, aber Anfang der
80er Jahre stieg er aus, begann
zu reisen, begann Mundharmonika
und Gitarre zu spielen.
Heute lebt Pete Gavin in
Deutschland und tourt als
"einsamer Wolf" mit seiner
Blues-Gang "auf dem Weg
des Wahnsinns", wie er selbst
sagt. Seine Gang, das sind
Pick Stevens ("Shanghai") am
Bass und Niklas Nesselhut
am Schlagzeug. Zusammen
spielte das Blues-Gang-Trio
jetzt im Sudhaus – und brachte
sein zahlreich erschienenes
Publikum so richtig in Fahrt.
Gavin ist nicht nur ein virtuoser
Gitarrist, auch die
Mundharmonika, dieses Instrument
mit dem Ursound
des Blues, spielt er vorzüglich.
Am besten beides gleichzeitig.
Und so saß der Mann
mit der abgewetzten Jeansjacke
und der Baskenmütze auf
den grauen Locken, auf seinem
Hocker und brachte den
einsamen On-the-road-Blues
ins Rampenlicht der Bühne.
Seine Fans dankten es ihm:
Viele hielt es nicht mehr auf
den Stühlen, mit einem Bier
in der Hand tanzten sie mit
und ließen sich mitreißen von
all den Liedern, mit denen
Gavin derzeit durch Deutschland
tourt: "Take this hammer"
zum Beispiel oder
"Hound Dog Dream" und
"Death Letter".
Es sind hart gesottene, wasserfeste
Straßensongs, die
nicht dem melancholischen
Urgrund des Blues nachspüren
wollen, sondern wie der
Wind um die Häuser pfeifen.
Kratzige, quirlige und lebendige
Songs, wie gemacht für
die Stimme dieses Slide-Gitarristen,
die klingt, als würde
der Mann im Tabakrauch ersticken
und sich einen Bourbon
nach dem anderen die
Kehle runter jagen.
Schade war, dass nur wenig
in seinen Liedern an den Anfang
des Blues erinnerte, der
im 19. Jahrhundert entstand
und eine musikalische Antwort
der Schwarzen auf
Elend und Rassendiskriminierung
war. Wie gerne hätte
man inmitten dieser Fülle an
Hektik auch ein wenig von
der Sehnsucht gespürt, die
nur der Blues hervorbringen
kann: Dieses zarte Abgleiten
der Harmonien in eine unergründliche
Trauer, wo sie wie
im Zeitlupentempo stehen
bleiben und irrlichtern. Diese
Ausdruckskraft kommt in
den Stücken von Gavin und
seiner Mannschaft leider ein
wenig zu kurz, nur hin und
wieder funkelte etwas davon
auf.